Forschung und Entwicklung

Hier zu nennen sind vor allem Theorien zu Prozessen:

  • der soziokulturellen Evolution (z.B. Publikation Nr. M14)

  • zur Kommunikation (z.B. Nr. M1, M11)

  • zum sozialen Verstehen (z.B. Nr. M7)

Der methodische Ansatz bei diesen allgemeinen Theorien besteht stets darin, dass die entsprechenden Prozesse und Gegenstandsbereiche als komplexe dynamische Systeme modelliert werden; anschließend werden diese Systeme in entsprechende Computerprogramme auf der Basis naturanaloger Verfahren transformiert und auf ihre Adäquatheit in Bezug auf empirische Erkenntnisse überprüft bzw. evaluiert. Theoretische Quintessenz dieser Arbeiten sind generelle Hypothesen über allgemeine Gesetzmäßigkeiten dieser Prozesse.

Als Beispiel für die Ergebnisse auf diesen Gebieten seien hier die (einfachen) Gleichungen zur sozio-kulturellen Evolution gezeigt. Sie beschreiben die wechselseitige Abhängigkeit der kulturellen Entwicklung Cn zum Zeitpunkt n von einem evolutionären Parameter EPn, der die soziale Heterogenität einer Gesellschaft repräsentiert. Die Funktionen f und g stehen für soziale und kognitive Regeln, an denen sich die sozialen Akteure orientieren; diese sind formal als Zellen eines Zellularautomaten repräsentiert.

Generell gilt: Je sozial heterogener eine Gesellschaft ist, desto höher ist ihr soziokulturelles Evolutionspotential.

Cn + 1 = f(g(Cn))

EPn + 1 = g(f(EPn))

Das folgende Video zeigt Ausschnitte aus der Entwicklung einer künstlichen Gesellschaft, in der die Akteure auf verschiedene Weise Begriffe lernen und dadurch sowohl die Gesamtkultur als auch die Sozialstruktur weiter entwickeln.

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Naturanaloge Verfahren - Künstliche Intelligenz und Künstliches Leben

Naturanaloge Verfahren sind algorithmische Modellierungstechniken, die sich, wie der Name sagt, heuristisch an natürlichen Prozessen orientieren. Etwas missdeutbar werden diese Verfahren häufig auch als Techniken des „Soft Computing“ bezeichnet. Die wichtigsten Verfahren, mit denen wir im Rahmen der Forschung, Entwicklung und Lehre arbeiten, sind:

(a) Zellularautomaten, die sich an biologischen Reproduktionsprozessen orientieren.

Zellularautomaten (ZA) bestehen aus „Zellen“, also künstlichen Einheiten, deren Zustände sich durch Wechselwirkungen mit benachbarten Zellen verändern mit gewöhnlich vier oder acht Nachbarn. Es sind mathematisch relativ einfache Systeme, die es jedoch erlauben, Dynamiken beliebiger Komplexität zu erzeugen.

(b) Boolesche Netze als Modelle logischer Zusammenhänge und des logischen Denkens

Boolesche Netze sind verallgemeinerte Zellularautomaten, deren künstliche Einheiten durch aussagenlogische Funktionen zusammenhängen. Wie Zellularautomaten sind BN potentielle universale Turing Maschinen, die die Modellierung beliebiger komplexer Systeme erlauben.

(c) Evolutionäre Algorithmen, orientiert an den Prinzipien der biologischen Evolution

Evolutionäre Algorithmen (EA) sind Optimierungsalgorithmen, deren grundlegende Komponenten die Mutation und (heterosexuelle) Reproduktion sind. In einer Ausgangspopulation werden „Individuen“ miteinander gekreuzt (Crossover) und einer Mutation unterzogen, bis ein Optimum gefunden wird. Die wichtigsten EA sind Genetische Algorithmen (GA) und Evolutionsstrategien (ES).

(d) Neuronale Netze – Modelle des Gehirns

Neuronale Netze (NN) sind nach dem Vorbild des biologischen Gehirns entwickelt. Sie bestehen aus künstlichen Einheiten, den Neuronen, die durch gewichtete Verbindungen verknüpft sind. Insbesondere sind NN zu gewissen Lernprozessen fähig, die vor allem durch Veränderungen der Gewichte erfolgen. Sie sind ein besonders wichtiger Teil der Forschungen und Entwicklungen zur Künstlichen Intelligenz.

(e) Fuzzy Methoden und Fuzzy-Expertensysteme – unscharfe Formen des schlussfolgernden Denkens

Beim Einsatz von Fuzzy Methoden geht es nicht wie in der Klassischen Logik um „wahr oder falsch“ bzw. „entweder – oder“ sondern um „etwas ist mehr oder weniger ein anderes“. Fuzzy Expertensysteme stellen Schlussfolgerungen an, die nach dem Prinzip verfahren „wenn A ungefähr B ist, dann kann man C durchführen“.

(f) Hybride Systeme, nämlich die Koppelung mehrerer verschiedener Techniken zu einem Gesamtsystem

Bei der Konstruktion hybrider Systeme kann man zwei (oder mehr) verschiedene Techniken auf prinzipiell zwei Weisen kombinieren, nämlich horizontal und vertikal. Bei einer horizontalen Koppelung gehen die verschiedenen Teilsysteme sozusagen arbeitsteilig vor und beliefern sich gegenseitig mit den jeweiligen Ergebnissen (Nr. M14). Bei einer vertikalen Koppelung wird gewöhnlich das „untere“ Teilsystem durch das „obere“ optimiert. Beispielsweise haben wir einen Zellularautomaten durch einen Genetischen Algorithmus optimiert (Nr. M13)

Eine systematische Einführung in diese verschiedenen Algorithmen bietet eines unserer Lehrbücher (Nr. M3).

Videos im CoBASC Kanal auf YouTube: CoBASC Research Group

Forschungsarbeiten zu diesen Verfahren

Erstes Themengebiet: Analyse allgemeiner Eigenschaften

Die Arbeiten unserer Forschungsgruppe beziehen sich zum Einen darauf, allgemeine Eigenschaften der verschiedenen naturanalogen Verfahren zu bestimmen. Hierzu zählen Untersuchungen zu sog. Ordnungsparametern in Booleschen Netzen, nämlich in numerischen Werten darstellbare Grundeigenschaften von BN, die eine Prognose der verschiedenen Dynamiken Boolescher Netze ermöglichen. Vor allem gehört hierzu die von uns gemachte Entdeckung eines neuen Ordnungsparameters und die Analyse von dessen Einfluss auf die Dynamiken von BN (Nr. A60, A90).

Ebenfalls in diesen Bereich gehören Untersuchungen zum Lernverhalten neuronaler Netze mit dem Schwerpunkt der sog. Fehlertoleranz, nämlich der Eigenschaft neuronaler Netze, auch fehlerhafte Eingaben oder ähnliche Eingaben mit einem ursprünglich gelernten Muster zu assoziieren (Nr. M7).

Zweites Themengebiet: Die Entwicklung neuer Algorithmen

Hierzu gehören:

  • die Erfindung und Konstruktion neuer Lernregeln und neuer Netzwerktypen von neuronalen Netzen (Nr. SB1, A42, A45, A48), insbesondere das Self- Enforcing Network (SEN);

  • die Entwicklung eines neuen evolutionären Algorithmus, der Regulatoralgorithmus bzw. Regulatory Algorithm (RGA) (Nr. SB1, A23, A28, A31, A35);

  • die Entwicklung eines Algorithmus zur Datensortierung auf topologischer Grundlage, der Algorithm for Neighborhood Generating (ANG) (Nr. SB1, A18, A32);

Diese neuen Algorithmen wurden bereits an praktischen Problemen erfolgreich eingesetzt und mit herkömmlichen etablierten naturanalogen Verfahren verglichen (SB1).